
Nassfeld - Pressegger See | Lesachtal | Weissensee
Wie ein Sonnenaufgang auch ohne Sonne Eindruck hinterlassen kann
Der Wecker ist auf vier Uhr gestellt. Treffpunkt um fünf Uhr in Tröpolach am Fuße des Nassfelds, Sonnenaufgang um 07:04 Uhr. Das Ziel: Rechtzeitig am Gipfel des Gartnerkofels zu stehen, um dort den Sonnenaufgang zu betrachten.
Es ist Anfang Oktober. Zu dieser Zeit geht die Sonne schon etwas später auf. Zu meinem Glück. Das bedeutet für mich, mein weiches Bett ein wenig länger genießen zu können. „Im Sommer treffen wir uns um drei Uhr“, erzählt Hanni Gratzer, meine Begleitung am heutigen Tag. Sie ist ausgebildete Bergwanderführerin und bringt im Sommer zwei Mal pro Woche eine Gruppe zum Sonnenaufgang auf den Gartnerkofel. Über das Info & Servicecenter Nassfeld-Pressegger See kann diese Tour gebucht werden, ein Angebot, das viele Wanderfreunde dankend annehmen. „Die Leute kommen teilweise sogar von Kötschach-Mauthen oder Velden, um dabei zu sein“, erzählt Hanni. Maximal nimmt sie zwischen sieben und neun Personen mit. Heute ist das anders. Wir sind nur zu zweit. So spät im Jahr macht sie diese Tour nur selten.

Im Dunkeln ist nicht nur gut munkeln…
Gestern Abend habe ich noch meine Stirnlampe gesucht, die ich normalerweise immer auf Skitouren dabeihabe. Aber wie das so ist: Wenn man etwas ganz dringend braucht, scheint es wie vom Erdboden verschluckt zu sein. Zu meiner Überraschung ist sie aber sowieso überflüssig. Hanni fragt mich gleich, ob wir nicht ohne Stirnlampen gehen sollen. Das tue sie mit ihren Gästen auch immer. Mir bleibt wohl nichts anderes übrig. Als wir irgendwo auf der Straße zwischen der Staatsgrenze und dem Alpengasthof Plattner starten, ist es noch dunkel. Die Bedingungen nicht optimal. Der Hochnebel hängt über, in und zwischen den Karnischen Alpen. Es ist stockdunkel. Doch der Wetterbericht hat für heute Wetterbesserung und Sonne versprochen. Also gibt es Hoffnung, die wärmenden Strahlen der Sonne am Gipfel genießen zu können.Zum Rasten ist es zu früh, aber für ein Foto setzt Hanni sich bereitwillig auf die Holzliege. Und dann geht es auch schon weiter. Der Schotterweg führt leicht steigend und einfach zu gehen in Richtung Himmel. Meine freudige Sichtung von Sternen macht Hanni gleich zunichte. Es sind leider nur die Lichter der Bergstation der Gartnerkofel Sesselbahn. Viele kennen den Gartnerkofel vom Winter, wo die Skipisten perfekte Bedingungen zum Carven bieten. Im Sommer ist der Lift ebenfalls in Betrieb, jedoch noch nicht um diese Uhrzeit.



Erdkunde
„Geologisch gesehen, wandern wir heute ja auf afrikanischem Boden“,
Sonnenaufgang ohne Sonne
Nun ist es nicht mehr weit zum Gipfel. Der Weg schlängelt sich in Serpentinen nach oben, durchsetzt von Stufen, die den Aufstieg erleichtern. Mittlerweile ist es hell geworden. Die Hoffnung auf Sonne schwindet. Das Gipfelkreuz sieht man erst kurz vor dem höchsten Punkt. Es versteckt sich hinter einer Kuppe aus Fels und Gras. Imposant steht es plötzlich vor uns. Wir freuen uns am Ziel zu sein. Es weht ein kalter Wind. Schnell werden ein paar Foto geschossen. Um 07:04 soll die Sonne aufgehen, hat Hanni gestern Abend recherchiert. Jetzt wäre es soweit, von der Sonne ist jedoch nichts zu sehen. Enttäuscht darüber sind wir nicht, die Stimmung hat dennoch etwas ganz Besonderes. Eine Weile verbringen wir noch am Gipfel, dann steigen wir über denselben Weg wieder ab.
Es gibt viel zu erzählen




Ein Wahrzeichen des Gartnerkofels
In der Nähe des Watschiger Alm Liftes ist es dann soweit. Hanni zeigt mir die Wulfenia, beziehungsweise das, was von ihr zu dieser Zeit noch zu sehen ist – die Blätter. Diese besondere Blume kommt weltweit nur dreimal vor – im Himalaya, in Montenegro und eben am Gartnerkofel. Dieses Jahr hat die Wulfenia nur sehr kurz geblüht, da sie auf Feuchtigkeit angewiesen ist. Der letzte Winter war dem nicht besonders zuträglich. Laut Hanni hat einer ihrer Kollegen sogar schon eine weiße Wulfenia gesehen, eine Art die am Nassfeld eigentlich nicht vorkommt.Sonne zum Frühstück
„Neben dem Sonnenaufgang und dem Gehen ohne Licht ist dies das Highlight einer jeden Sonnenaufgangswanderung“,

Bilder und Texte: Franz Guggenberger / 18.10.2017

Autorenvorstellung: Franz Guggenberger
Ich arbeite als Sozialpädagoge im SOS-Kinderdorf und betreue dort unbegleitete minderjährige Flüchtlinge weil ich nach einigen Jahren Büroarbeit bemerkt habe, dass mir die Arbeit mit Menschen mehr Spaß macht, als den Tag hinter einem Schreibtisch zu verbringen. Das besondere an der Kärntner Natur ist für mich die Vielfalt – felsige Berge, sanft kupierte Almen, Bergseen, Wälder, eine Vielzahl an Pflanzen- und Tierarten, saubere Luft und viele Möglichkeiten Ruhe und Stille zu genießen.
An Kärnten fasziniert mich am meisten die Vielzahl an Freizeitmöglichkeiten und die fantastische Lage im Alpe-Adria-Raum mit dem Zusammentreffen verschiedener Kulturen. Außerdem ist man in kurzer Zeit am Meer, in Istrien, in Bayern oder Südtirol.
Lieblingszitat: Nicht jammern, sondern handeln!